Hochschulperle

Hochschulperlen sind innovative, beispielhafte Projekte, die an einer Hochschule realisiert werden.

Hochschulperle (Logo)

 
Weil sie klein sind,
werden manche Projekte jenseits der Hochschulmauern kaum registriert. Weil sie glänzen, können und sollten sie aber auch andere Hochschulen schmücken. Jeden Monat stellt der Stifterverband eine Hochschulperle vor. Die Auszeichnung ist undotiert. Aus den Hochschulperlen des Monats wird schließlich die Hochschulperle des Jahres gewählt, die mit einem Preisgeld in Höhe von 3.000 Euro dotiert ist.

 

Im Jahr 2023 steht die Auszeichnung unter dem Thema "Lehrkräftebildung neu denken", als Teil einer Zukunftswerkstatt des Stifterverbandes zu diesem Thema.

Der Lehrkräftebildung fehlt es seit Jahren an Nachwuchs, und in den nächsten Jahren wird sich diese Situation weiter zuspitzen. Offenbar gelingt es mit den bisherigen Strategien nicht, genügend junge Menschen für diesen Beruf zu begeistern. Gleichzeitig ist zu konstatieren, dass angehende Lehrkräfte derzeit nur unzureichend auf die Herausforderungen der Transformation unserer Gesellschaft vorbereitet werden.

Die Gestaltung einer zukunftsorientierten Lehrkräftebildung erfordert, mutig und kreativ neue Wege zu gehen. Im Fokus stehen die Fragen: Wie sollten wir Lehrkräfte für die Zukunft anders aus- und fortbilden? Wie lassen sich die Phasen der Lehrkräftebildung besser miteinander verbinden? Wie werden das Lehramtsstudium und der Beruf Lehrkraft attraktiver?

Akteurinnen und Akteure aller Phasen der Lehrkräftebildung sind gefragt, hierfür Ideen zu entwickeln und umzusetzen. Im Jahr 2023 zeichnet der Stifterverband daher Projekte, die Lehrkräftebildung neu denken, mit der Hochschulperle des Monats aus, um sie überregional sichtbar zu machen und andere Hochschulen zu inspirieren.

Bewerbungen und Vorschläge mit einer Zusammenfassung des Projekts sind per E-Mail jederzeit möglich.

 

Kontakt

Johannes Föhles (Foto: Damian Gorczany)

Johannes Föhles

ist Programmmanager im Bereich "Programm und Förderung" beim Stifterverband.

T 0201 8401-493

E-Mail senden

Hochschulperle des Monats Mai 2023

Um künftige inklusionsorientierte Lehrkräfte so realitätsnah wie möglich auf das Berufsleben vorzubereiten, wird in Bielefeld das Seminar "Multiprofessionelle Kooperation in inklusiven Ganztagsschulen" angeboten. Hier können Studierende verschiedener Berufsgruppen die Zusammenarbeit im inklusiven Schulalltag erproben.

Dank diesem besonderen Ansatz im Rahmen der "Qualitätsoffensive Lehrerbildung" der Universität Bielefeld sollen Schülerinnen und Schüler mit und ohne Beeinträchtigungen erfolgreich in den Schulalltag eingebunden werden. Es funktioniert, wenn Lehrkräfte aus verschiedenen Bereichen wie Sonder- oder Heilpädagogik, der Erziehungswissenschaft oder des Gesundheits- und Sozialwesens zusammenarbeiten und die Idee einer inklusiven und ganztägig angelegten Bildung teilen.

Hochschulperle des Monats Mai 2023 (Foto: Universität Bielefeld)
Foto: Universität Bielefeld
Eine digitale Lehr- und Lernkooperation verbindet die Universität Bielefeld mit der Hochschule Nordhausen.

 
Um Lehramtsstudierende frühzeitig
auf die berufsgruppenübergreifende Kooperation im Schulalltag vorzubereiten, ist die Universität Bielefeld im Wintersemester 2022/23 eine digitale Lehr- und Lernkooperation mit Lehrenden und Studierenden der Hochschule Nordhausen eingegangen. In Bielefeld, Nordrhein-Westfalen, lehren und lernen Dozenten und Studierende aus den Bereichen der Schul- und Sonderpädagogik sowie der Erziehungswissenschaft, im thüringischen Nordhausen des Gesundheits- und Sozialwesens und der Heilpädagogik. Durch das digitale Zusammenkommen und die fallbasierte Projektarbeit erwerben die Studierenden nicht nur digitale und kollaborative Kompetenzen, sondern bekommen auch einen erhöhten Praxisbezug. Dadurch erfahren sie, wie wichtig eine inklusive und ganztägig ausgerichtete Bildung ist und entwickeln ein Verständnis für unterschiedliche professionelle Sichtweisen.

"Das hochschulübergreifende Kooperationsseminar 'Multiprofessionelle Kooperation in inklusiven Ganztagsschulen' beschäftigt sich mit dem wichtigen Thema multiprofessionelle Zusammenarbeit, das im Schulalltag eine große Rolle spielt, in der Ausbildung bisher aber selten behandelt wird", so die Jury des Stifterverbandes zu ihrer Entscheidung, die Hochschulperle des Monats Mai nach Bielefeld zu vergeben. "Lehramts- und andere Studiengänge werden immer noch stark getrennt voneinander veranstaltet. Das Seminar zeigt, wie zeitgemäße Lehre aussehen kann und wie wichtig es ist, Lehrveranstaltungen für verschiedene Professionen zu öffnen."

Die weiteren Hochschulperlen des Monats im Jahr 2023

Januar: International Teacher Education

German International School Sydney (Foto: Akademie für Bildungsforschung und Lehrkräftebildung/Goethe-Universität Frankfurt am Main)
Foto: Akademie für Bildungsforschung und Lehrkräftebildung/Goethe-Universität Frankfurt am Main

Die erste Hochschulperle im Jahr 2023 ging an die Goethe-Universität Frankfurt am Main, die die Internationalisierung des Lehramtstudiums systematisch fördert.

Während des Studiums den eigenen Horizont zu erweitern und ins Ausland zu gehen, bringt auch für angehende Lehrkräfte wertvolle Erfahrungen. Doch tatsächlich ist in Sachen Internationalisierung noch viel Luft nach oben – insbesondere im Vergleich zu anderen Studiengängen. Ein Grund dafür: An den allerwenigsten Hochschulen können die Pflichtpraktika im Rahmen eines Auslandssemesters absolviert werden.

Anders an der Goethe-Universität Frankfurt am Main in der Akademie für Bildungsforschung und Lehrkräftebildung (ABL): Sie bündelt in dem Arbeitsbereich "International Teacher Education" die Angebote rund um einen Auslandsaufenthalt, vermittelt Praktikumsplätze, informiert zu Stipendien, unterstützt mit Coaching, Checklisten, Tipps zum Bewerbungsverfahren, sammelt Erfahrungsberichte und bietet Angebote zur Internationalisierung @home an (Koordination: Andreas Hänssig). Darüber hinaus bietet die ABL das ABL-ITE-Zertifikat an, welches studienbedingte Auslandsaufenthalte wertschätzt (Koordination: Julia Ostrowicki). In dieser Form ist eine solche Schnittstelle zwischen Studierenden und Schulen im Ausland in Deutschland etwas Besonderes.

"Für die zukünftige Lehrtätigkeit in der Schule ist es wichtig, neben Fachkompetenzen auch kulturelle und soziale Kompetenzen im Studium kennenzulernen", erklärt Andreas Hänssig, Leiter des Arbeitsbereichs "International Teacher Education". Die an der Akademie für Bildungsforschung und Lehrkräftebildung der Goethe-Uni angesiedelte Stelle bietet mit ihrer Praktikumsbörse und einer gezielten Vorauswahl der Lehramtsstudierenden einen Mehrwert für die aktuell 25 kooperierenden Schulen weltweit – von Chicago bis Yokohama. Die Studierenden ihrerseits profitieren von einem professionellen Vermittlungsverfahren mit persönlicher Beratung. Sie haben zudem die Möglichkeit, ein Zertifikat zu erwerben, mit dem sie Schlüsselqualifikationen im Bereich Internationalisierung nachweisen.

Die Jury des Stifterverbandes, die die undotierte Hochschulperle des Monats vergibt, beeindruckte insbesondere der systematische Ansatz, mit dem die Frankfurter Universität die Internationalisierung im Lehrkräftebereich in der ABL (Leitung: Prof. Dr. Britta Viebrock) fördert. Mit großem Engagement unterstützt der Arbeitsbereich "International Teacher Education" die Mobilität während des Studiums. Dies eröffnet den künftigen Lehrerinnen und Lehrern die Chance, wichtige interkulturelle Kompetenzen zu erwerben, die es in diesen Zeiten mehr denn je braucht.

Website zum Arbeitsbereich "International Teacher Education" an der Goethe-Universität Frankfurt am Main

Foto: Eine der Partnerschulen der Akademie für Bildungsforschung und Lehrkräftebildung – die German International School Sydney

Februar: Let's Play Schule

Let's Play Schule (Foto: Kreidestaub e.V.)
Foto: Kreidestaub e.V.

Bei dem Berliner Projekt "Let's Play Schule" übernehmen Lehramtsstudierende eine Woche lang Teile des Lehrbetriebs oder auch mal die gesamte Schule. Sie unterrichten nach selbst konzipierten Lehrentwürfen auf Grundlage der Global Goals/der Bildung für Nachhaltige Entwicklung. Während die Lehramtsstudierenden eine Woche lang die Möglichkeit bekommen, intensive Praxiserfahrungen zu sammeln, erhalten die Lehrkräfte notwendigen Freiraum, um neue Konzepte für ihre Schule zu entwickeln.

Die Konzepte, wie sie was den Schülerinnen und Schülern lehren wollen, entwickeln die Studierenden in kleinen Teams. Sie hospitieren bereits vor der Übernahme der Lehrtätigkeit in den entsprechenden Schulen und können somit ihre Unterrichtsideen den vorgefundenen Gegebenheiten anpassen. Während der Schulübernahme unterrichten sie in der Schulzeit. Am Nachmittag wird in den Gruppen der Tag reflektiert und der folgende Schultag vorbereitet. Die Gruppenleitung, zusammengesetzt aus bis zu sechs Masterstudierenden, unterstützt die Vor- und Nachbereitung des Schulbetriebes.

Das Win-Win-Konzept ist ein Projekt des Kreidestaub e.V., eine deutschlandweite studentische Initiative zur Verbesserung der Lehrkräftebildung. Der Verein thematisiert das, was Studierenden im Studium fehlt, und entwickelt Projekte und Ideen, wie die Lehrkräftebildung wirkungsvoll ergänzt werden kann.

"Das Projekt 'Let's Play Schule' zeichnet sich vor allem durch den praxisnahen Ansatz und seine hohe Nacharmbarkeit aus", so die Jury des Stifterverbandes zu ihrer Entscheidung, die Hochschulperle des Monats Februar nach Berlin zu vergeben. "Es ermöglicht den Studierenden, früh und außerhalb eines Prüfungskontextes Unterrichtserfahrung zu sammeln und ihr Handeln zu reflektieren. Gleichzeitig ermöglicht 'Let's Play Schule' den Lehrkräften, sich weiterzubilden und neue Ideen zu entwickeln."

Details zum Projekt "Let's Play Schule"
Website des Vereins Kreidestaub

März: Lehr:werkstatt

Lehr:werkstatt (Foto: Lehr:werkstatt e.V.)
Foto: Lehr:werkstatt e.V.

Mit der Lehr:werkstatt haben Lehramtsstudierende in Baden-Württemberg die Möglichkeit, gemeinsam mit einer Lehrkraft ein Jahr lang den Unterrichtsalltag zu gestalten. Über das Langzeitpraktikum während des Studiums sammeln Studierende intensive und realitätsnahe Praxiserfahrungen. Durch ihre aktive Einbindung in den Schul- und Unterrichtsalltag unterstützen sie die Lehrkräfte bei der Begleitung und Förderung von Schülerinnen und Schülern.

In der Lehr:werkstatt wird theoretischer Lehrinhalt mit Praxiserfahrungen aus dem Schulalltag kombiniert: Lehramtsstudierende, sogenannte Lehr:werker, arbeiten gemeinsam mit engagierten Lehrkräften, den Lehr:mentoren, im Tandem. Gemeinsam gestalten sie über ein gesamtes Schuljahr hinweg den Schul- und Unterrichtsalltag. Während des laufenden Schuljahres reflektieren sie an der Universität ihre schulischen Erfahrungen und sammeln neue Ideen für den Schulalltag. Darüber hinaus kann das Tandem in universitären Kompetenzworkshops seine Zusammenarbeit weiterentwickeln und professionelle Kompetenzen auf- und ausbauen.

Ziel der Lehr:werkstatt ist es, die Qualität der Lehreraus- und -weiterbildung zu erhöhen. Darüber hinaus können durch das gemeinsame Arbeiten Freiräume geschaffen werden, um die einzelnen Schülerinnen und Schüler intensiver zu betreuen und differenzierter zu fördern. So können alternative Unterrichtsmethoden, wie Team Teaching, digitale Medien und Methoden einfacher ein- und umgesetzt sowie moderne Lehr-Lern-Formate, wie beispielsweise blended learning oder inverted classroom, erprobt werden.

Die Lehr:werkstatt ist ein hochschulübergreifendes Verbundprojekt der lehrerbildenden Standorte Heidelberg, Mannheim, Karlsruhe, Stuttgart-Ludwigsburg und Tübingen. Koordiniert werden die Standorte von der Tübingen School of Education (TüSE) der Eberhard Karls Universität Tübingen. Die Skalierungsoffensive der Lehr:werkstatt in Baden-Württemberg wird von der Amanda Erich Hansjürgen Neumayer-Stiftung gefördert. Darüber hinaus kooperieren die baden-württembergischen Standorte mit vier bayerischen Lehr:werkstatt-Standorten (Augsburg, Erlangen-Nürnberg, Passau und Würzburg). Gemeinsam bilden sie den informellen Lehr:werkstatt-Netzwerkverbund.

"Die Lehr:werkstatt hilft bei der Entwicklung der Lehrpersönlichkeit und vermittelt ein realistisches Bild vom Lehrberuf", so die Jury des Stifterverbandes zu ihrer Entscheidung, die Hochschulperle des Monats März nach Tübingen zu vergeben. "Das großartige Projekt ist beispielgebend. Es überzeugt vor allem dadurch, dass alle Beteiligten profitieren: Studierende werden früh an die Praxis herangeführt und dabei individuell begleitet. Lehrkräfte, die Mentoren, können sich und die Schule durch die zusätzlich angebotenen Workshops weiterentwickeln."

Details zum Projekt auf der Website der Universität Tübingen
Video zur Tübinger Lehr:werkstatt auf YouTube

April: Decolonize Teacher Education

Decolonize Teacher Education (Foto: Philipps-Universität Marburg)
Foto: Philipps-Universität Marburg

Im einem Kooperationsseminar zwischen der Didaktik der Geschichte und der Didaktik der politischen Bildung an der Philipps-Universität Marburg werden Lehramtsstudierende selbst zu Forscherinnen und Forschern. Es verbindet fächerübergreifend Lehre und Forschung zum Thema "Decolonize Teacher Education?! – Zur Rolle postkolonialer Theorieansätze im Rahmen historisch-politischer Bildung". Der interdisziplinäre und partizipative Ansatz ermöglicht es Studierenden, an aktuellen wissenschaftlichen und gesellschaftlichen Diskursen teilzuhaben, relevantes Wissen zu erwerben und Unterrichtsideen und -konzepte zu entwickeln.

Neben Seminar und Exkursion wurden auch eine Summerschool mit Gastvorträgen, eine Schreibwerkstatt und eine Publikationsmöglichkeit angeboten. Unterstützt wurde das Seminar durch BIPoC-Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern sowie BIPoC-Aktivistinnen und Aktivisten (Black and People of Color). Die Studierenden entwickelten mit ihnen und ihren Dozentinnen eigene Forschungsfragen und setzten Projektideen um, wie postkoloniale Themen Eingang in die universitäre und schulische Praxis finden können. Ergänzt wurde das fachwissenschaftlich und -didaktische Seminar durch eine dreitägige Exkursion nach Berlin. Hier folgten die Lehramtsstudierenden ganz praktisch den Spuren postkolonialer Bildungsinitiativen und eigenen Museums- und Denkmalsanalysen. Die Forschungsarbeiten wurden in Projektgruppen erstellt und die Ergebnisse auf der Summerschool öffentlich diskutiert. Darüber hinaus konnten die Studierenden ihre Forschungsergebnisse im Rahmen eines Sammelbandes publizieren.

Die Lehramtsstudierenden erwarben so neben inhaltlichen Erkenntnissen auch Kompetenzen, die sie in ihrem Beruf benötigen und ihren Schülerinnen und Schülern vermitteln können. Sie waren von Beginn an in den Ablauf universitären Lehrens, Arbeitens und Forschens eingebunden und übernahmen in Vorbereitung auf die Summerschool Aufgaben der Tagungsorganisation: Sie führten Vorgespräche mit Referierenden, gestalteten Panels und deren eigenständige Moderation oder präsentierten ihre Forschungsergebnisse in Form von Forschungspostern, digitalen Lehr- und Lernsettings, Audioguides oder Podcasts. Die Studierenden erfuhren, wie ein partizipatives Konzept zu einer hohen Motivation und Eigenleistung führt.

Das Lehr-Forschungsseminar "Decolonize Teacher Education?!" wurde bereits mit dem Lehrpreis "Lehre@Philipp" 2022 der Philipps-Universität Marburg ausgezeichnet. Es ist eines in einer Reihe von drei aufeinander bezogenen Seminaren: Es fokussierte im Sommersemester 2022 den thematischen Schwerpunkt der Rassismuskritik. Es folgt aktuell ein Seminar zu "feministischen Perspektiven auf historisch-politische Bildung" (Sommersemester 2023) und im Sommer 2024 dann ein weiteres Seminar zu "Why class matters".

Details zum Kooperationsseminar auf der Website der Philipps-Universität Marburg
Für den Wettbewerb "Lehre@Philipp" produziertes Video auf YouTube