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Strahlentherapie: (Un)sichtbare Tumore in Bewegung

Foto: Deutscher Zukunftspreis/Ansgar Pudenz
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Krebs ist weltweit eine der häufigsten schweren Erkrankungen – mit oft tödlichem Verlauf. Doch mit neuen Therapiemethoden lässt er sich immer besser behandeln und in vielen Fällen heilen. Ein Beispiel ist die Strahlentherapie, bei der Tumorgewebe durch energiereiche Strahlung gezielt zerstört wird. Entscheidend dabei ist, dass der Tumor exakt erfasst und die Behandlung nicht durch Bewegungen des Patienten oder der Patientin beeinträchtigt wird. Bei der Therapie von Lungenkrebs kommt als zusätzliche Schwierigkeit die Bewegung des Tumors beim Atmen hinzu. Das reduziert die Erfolgsaussichten und birgt das Risiko schädlicher Nebenwirkungen. Wie lässt sich dieses Problem bewältigen?

Stefan Vilsmeier und Claus Promberger von Brainlab haben zusammen mit Cordula Petersen, Direktorin der Klinik für Strahlentherapie und Radioonkologie am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, an einer Lösung gearbeitet. Sie basiert auf einer neuartigen Technologie, um die Patientenposition während der Strahlenbehandlung exakt zu erfassen – und Veränderungen durch ein Nachführen des Zielbereichs der Bestrahlung auszugleichen. Dadurch wird sichergestellt, dass das tumoröse Gewebe treffsicher attackiert wird und möglichst wenig gesundes Gewebe zu Schaden kommt. Das Resultat ist eine sehr effektive Behandlung, durch die der Tumor gegebenenfalls bereits in einer einzigen Therapiesitzung vollständig beseitigt wird. Das von den Nominierten in Entwicklung befindliche Radiochirurgie-System zielt darauf ab, die Heilungschancen einer Krebserkrankung zu verbessern, insbesondere bei Menschen mit Lungenkrebs.

Hochpräzise Bestrahlung

Um zu gewährleisten, dass das kranke Gewebe trotz seiner sich ständig ändernden Lage komplett vernichtet wird, definierten die Mediziner eine Sicherheitszone um den Tumor herum: den sogenannten Motion-Envelope-Bereich. Er umfasst den gesamten Raum, den der Tumor während der Atembewegung durchstreicht. Damit wird bei der Behandlung neben tumorösem zwangsläufig auch gesundes Gewebe geschädigt – teils in einem Umfang, der ein Vielfaches der Größe des Tumors ausmacht. Um diese Nebenwirkungen möglichst gering zu halten, ist die maximale Dosierung der Strahlung begrenzt, weshalb für die gesamte Therapie meist etliche Sitzungen erforderlich sind. Hinzu kommt, dass bei vielen Tumoren wegen ihrer Lage oder geringen Größe eine Strahlentherapie bisher gar nicht möglich war.

Das neue System zur hochpräzisen Positionierung während der Behandlung schafft die Voraussetzung für eine wesentlich präzisere Zielführung des Strahls als das mit herkömmlichen Bestrahlungsgeräten möglich ist. Der Sicherheitsbereich um den Tumor fällt damit deutlich geringer aus. Zudem lassen sich mit der nächsten Version auch kleine Tumore, die auf normalen Röntgenbildern kaum zu sehen sind, erkennen und zerstören.

Die neueste Generation des von dem Forschungsteam entwickelten Systems „ExacTrac Dynamic“ kombiniert mehrere Sensoren unterschiedlicher Funktion miteinander. Damit lassen sich sowohl die genaue Lage der Oberfläche des Patientenkörpers als auch seine innere Anatomie bestimmen. Die Messdaten werden kontinuierlich mit einem zuvor berechneten Modell, das die Patientenposition und deren Veränderung während der Behandlung beschreibt, verglichen und das Modell, wenn nötig, angepasst. Das sogenannte Korrelationsmodell nutzt das Oberflächentracking und orientiert sich an der Bewegung innerer Strukturen sowie künftig an markanten Bestandteilen des Körpergewebes in seiner direkten Umgebung.

Nominierte Team 3: Stefan Vilsmeier, Cordula Petersen, Claus Promberger (Foto: Deutscher Zukunftspreis/Ansgar Pudenz)
Nominierte Team 3: Stefan Vilsmeier, Cordula Petersen, Claus Promberger (Foto: Deutscher Zukunftspreis/Ansgar Pudenz)
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Der Stifterverband ist überzeugt: Um die Innovationskraft unserer Gesellschaft zu stärken, brauchen wir exzellente Bildung und Wissenschaft. Er begleitet daher den Bundespräsidenten seit vielen Jahren bei der Organisation des Deutschen Zukunftspreises. Mit dem Preis zeichnet der Bundespräsident jedes Jahr ein Forschungsteam für eine hervorragende technische, ingenieur- oder naturwissenschaftliche Innovation aus, die großen Nutzen für die Gesellschaft hat. Der Stifterverband führt die Geschäftsstelle, die die Jury sowie das Kuratorium betreut und das Auswahlverfahren organisiert, und wirbt das Preisgeld ein.

2022 waren außerdem diese Projekte für den Deutschen Zukunftspreis nominiert: 

Wer den Preis bekommt, hat Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier am 26. Oktober 2022 bekannt gegeben.

AUFZEICHNUNG DER PREISGALA AUF DER ZDF-WEBSITE

PREISTRÄGER UND NOMINIERTE DES DEUTSCHEN ZUKUNFTSPREISES

Schmerzlose und schonende Behandlung

Herzstück der Sensorik des Systems ist eine Kombination aus einer Trackingkamera, zwei Röntgensystemen und einem Steuercomputer samt Spezialsoftware. Die Trackingkamera wiederum vereint eine Oberflächenkamera mit einem Wärmesensor in sich. Damit lassen sich Bewegungen des Patienten oder der Patientin während der Strahlenbehandlung erfassen. Die zwei Röntgenröhren, die diagonal zueinander angeordnet sind, sowie die dazugehörigen Detektoren zum Messen des im Gewebe gebeugten Röntgenlichts blicken in den Körper hinein und können die Position des Tumors exakt feststellen. Sämtliche Informationen werden bei der Berechnung des zur Anpassung der Bestrahlung verwendeten Korrelationsmodells berücksichtigt. Dadurch lässt sich die Patientenposition so kontrollieren, dass der Tumor hochpräzise erfasst wird.

Die gesamte Behandlung ist schmerzlos und zielt darauf ab, möglichst frei von Nebenwirkungen zu sein. Im Gegensatz zu bisher benutzten Techniken schädigt die Bestrahlung kaum gesundes Gewebe. Bei der Entwicklung des innovativen und patientenschonenden Systems arbeitet das Team bei Brainlab eng mit Ärzten und Medizintechnikern am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf zusammen. Deren Expertise in der medizinischen Anwendung von Strahlentherapie und Radiochirurgie im klinischen Alltag fließt in Gestaltung und Funktionen des marktreifen Produkts mit ein.

System zur Strahlenbehandlung (Foto: Ansgar Pudenz/Deutscher Zukunftspreis)
System zur Strahlenbehandlung (Foto: Ansgar Pudenz/Deutscher Zukunftspreis)
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Künftig wird das System die Einsatzmöglichkeiten der Strahlentherapie deutlich erweitern - eine erste Generation wird bereits bei der Behandlung von Hirntumoren eingesetzt – und ist dazu in weltweit rund 1.000 führenden Krebszentren installiert. Die nächste Generation des Positionierungssystems wird vor allem die Bestrahlung von Lungentumoren unterstützen. Später soll sich die Technologie unter anderem auch einsetzen lassen, um Lebertumore präzise zu erfassen – und das selbst dann, wenn sie bereits Metastasen gebildet haben. Von Nutzen ist das System aber nicht nur für an Krebs erkrankte Menschen, bei denen es lebensrettend sein kann. Bei seiner Entwicklung legte das nominierte Team auch Wert auf einen schonenden Umgang mit Umwelt und Ressourcen: Um die Technik verwenden zu können, müssen Kliniken ihre bestehenden Bestrahlungsanlagen nicht ersetzen. Stattdessen lässt sich das neue System mit bereits vorhandenen Systemen kombinieren, um deren Anwendungsspektrum in der Krebstherapie zu erweitern.

DER STIFTERVERBAND WILL MINT-POTENZIALE HEBEN

Um das Innovationssystem zu stärken und die Gesellschaft zukunftsfähig auszurichten, spielt die MINT-Bildung (MINT= Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik) eine entscheidende Rolle. Der Stifterverband setzt sich daher gemeinsam mit Partnern unter anderem dafür ein, ausreichend MINT-Fachkräfte auszubilden, zu halten und mit entsprechenden Zukunftskompetenzen zu qualifizieren. Dazu fördert er aktuell unter anderem

Übersicht über alle Stifterverbands-Aktivitäten im Bereich MINT

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