Ilona Böttger: Wie man bei Kindern Kompetenzen stärkt

"Es braucht persönliche Stärke und persönliche Fähigkeiten, sich in dieser Welt zurechtzufinden. Wichtig ist, dass jedes Kind, jeder Jugendliche die Chance hat, seine Potenziale zu entfalten."

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Wie lernen Kinder soziale Kompetenzen? Wenn in der Schule Wissensabfrage im Vordergrund steht, müssen sich andere darum kümmern. Zum Beispiel die "Ich kann was!"-Initiative aus Berlin. Deren Mitarbeiterin Ilona Böttger erklärt, wie ein Fußball-Cup und eine Fairplay-Roadshow Jugendlichen Selbstvertrauen und Gemeinschaftssinn vermitteln.

Autorin: Corina Niebuhr
Produktion: Webclip Medien Berlin
für den YouTube-Kanal des Stifterverbandes

Transkript des Videos

Es ist heute nichts easy, und es gibt nicht das Richtige, und es gibt eine hohe Komplexität. Das braucht umsomehr auch persönliche Stärke und persönliche Fähigkeiten, sich in dieser Welt zurechtzufinden.

Wichtig ist, dass jedes Kind, jeder Jugendliche die Chance hat, die Potenziale zu entfalten. Und es gibt auch laut der OECD Schlüsselkompetenzen, die danach geguckt haben, was brauchen Kinder, Jugendliche, um erfolgreich ihr Leben zu gestalten. Und das ist Selbstkompetenz, Selbstvertrauen, das ist kommunikative Kompetenz. Das ist auch die Fähigkeit, mit Informationen und Medien umzugehen. Das ist etwas, was nicht selbstverständlich in der Schule gelernt wird, was auch nicht selbstverständlich über die Elternhäuser unterstützt wird.

Ich denke, dass jedes Kind, jeder Jugendliche, jeder Erwachsene ganz viel kann. Dass es aber nicht immer als solches gesehen wird, weil wir denken, auch bedingt durch die Orientierung auch auf Fachkenntnisse sind wir sehr fokussiert auf die Wissensabfrage. Aber die ganzen Soft Skills, die sind es eigentlich, die auch so superwichtig sind und die jeder hat und jeder macht, ohne dass das klar ist. Und das, denke ich, wird sichtbar in Familien, beispielsweise in Moabit gibt es ein Projekt, da haben wir sehr viele arabische Familien, und da gibt es einen Riesenfamilienzusammenhalt. Das heißt, die sind vernetzt. Wenn da irgendetwas ist, sind die sofort in Kontakt, unterstützen sich. Und da ist eine große Nähe. Und das ist wiederum eine große Kompetenz und Qualität. Da ist es auch selbstverständlich, dass die Älteren auf die Jüngeren aufpassen, dass die sich im Blick haben. Und wichtig ist, dass diesen Kindern und Jugendlichen es auch als Stärke bewusst zu machen. Weil es ist gerade so das Phänomen, dass das, was man selber gut kann, man gar nicht wahrnimmt als Kompetenz. Und deswegen ist so wichtig, einen Spiegel auch über pädagogische Arbeit, um zu sagen: Hey, ist eigentlich toll, was du da machst und was du da wuppst.

Es gibt viele Schulabbrecher, es gibt viele Kinder, die einfach rausfallen aus Schule, die sind natürlich auch nicht selbstverständlich in der offenen Kinder- und Jugendarbeit. Aber dort ist die Möglichkeit, über sehr zielgenaue Angebote, über Ansprache, über Geh-Strukturen, also nicht Komm-Strukturen ("Komm in unsere Einrichtung"), sondern wir gehen dahin, wo die Kinder sind. Und in der "Ich kann was!"-Initiative gibt es auch viele Streetwork-Projekte, Fußballprojekte, wo die Sozialarbeiter auf die Plätze gehen, in Kontakt kommen. Und das ist ein immenses Potenzial, wo es möglich ist, Kontakt aufzubauen, weil auch das wird deutlich: Das erste, was die Kinder und Jugendlichen brauchen, ist eine gute Beziehung zu den Pädagogen, zu den anderen Kindern. Das ist überhaupt die Basis, um weiterzugehen in das Thema Fähigkeiten, Kompetenzen, Qualifikation.

Es gibt seit fünf Jahren jährlich einen Fußball-Cup, den sogenannten "Ich kann was!"-Cup, wo inzwischen 36 Fußballteams aus ganz Deutschland nach Berlin kommen. Was machen wir, wenn es um Kompetenzförderung geht? Es ist nicht nur ein Fußballturnier, sondern wir haben im zweiten Jahr ein Fairplay-Regelwerk entwickelt, das wir während des Turniers einsetzen. Und begleitend zu diesem Regelwerk gibt es eine Fairplay-Roadshow. Das heißt, wir haben ein Set, wo wir durch Städte reisen, wo wir uns gefragt haben: Welche Kompetenzen braucht es für Fairness? Das ist sowas wie Vertrauen, Verantwortung, Teamfähigkeit, und da gibt es acht Stationen, wo die Kinder und Jugendlichen in sehr handlungsorientierten Elementen sich mit diesen Dingen beschäftigen. Und das ist es, was eine pädagogische Arbeit, wie ich denke, erfolgreich macht, dass etwas passiert, das die Jugendlichen, Kindern etwas miteinander machen und in dem Tun auch eine bestimmte Kompetenz umsetzen.

Und eine Erfahrung dieser Fairplay-Roadshow, die ich sehr beeindruckend fand, war, dass wir bewusst sagen: Wenn diese Stationen gemacht werden, werden auch die ganzen Teams gemischt. Das heißt, da sind dann Kinder miteinander, die sich eigentlich nicht kennen, was sie am Anfang immer nicht wollen, weil man ist ja immer sicherer im Team. Und wir hatten eine Roadshow, wo auch eine Gruppe aus dem Flüchtlingsheim dabei war. Und schon nach einer halben Stunde, nach den ersten zwei Stationen habe ich mit dem Sozialpädagogen gesprochen, und er sagte, er wäre völlig fasziniert, wie die Jungs aus seinem Heim sich einlassen, weil die sehr unsicher noch waren, weil die nicht so gut deutsch konnten und auch sehr aufgeregt waren. Und über dieses Miteinander, an Stationen etwas machen, einfach da eine sehr schöne Kommunikation entsteht. Und das sind Dinge, die ich auch bei den Fußball-Cups immer wieder erfahre, dass in dem Moment, wo immer so ein Nebenthema da ist, Fairness, Kommunikation, wo von allen Seiten es unterstützt wird, ist auch das Verhalten der Teams fair, was nicht heißt, dass es auch Wutausbrüche gibt, dass es da auch Rangeleien gibt, aber wir versuchen immer eine Haltung zu transportieren, die sich auch durchzieht in dem, was wir transportieren, wie wir begleiten und wie wir auch die Pädagogen immer mit reinnehmen, denn das ist die nächste Stelle, wo wir dran sind zu merken: Auch für die Pädagogen ist kompetenzfördernde Arbeit nicht selbstverständlich.