Durch Kooperation zum Standortprofil
Fallbeispiel Osnabrück

Zentrale Studienberatung

Osnabrück

 
 
Die Hochschule und die Universität Osnabrück betreiben eine gemeinsame Einrichtung zur Zentralen Studienberatung (ZSB), die Studieninteressierte über die Angebote beider Hochschulen informiert und Beratungsleistungen unter anderem für Fach- und Hochschulwechsler anbietet. Deutschlandweit ist dies eine einzigartige Form der Zusammenarbeit vor dem Hintergrund einer zunehmenden Wettbewerbsorientierung und Konkurrenz zwischen Hochschulen.

Ausgangssituation und Genese

Die Hochschule sowie die Universität Osnabrück wurden Anfang der 1970er-Jahre gegründet. Während die Universität aus einer Pädagogischen Hochschule hervorgegangen ist und derzeit in neun Fachbereiche in den Geistes-, Sozial-, Natur-, Rechts- und Wirtschaftswissenschaften gegliedert ist, erfolgte die Gründung der Hochschule aus einer Ingenieurschule heraus. In der Rechtsform einer Stiftungshochschule hat sie heute vier Fakultäten mit Schwerpunkten in den Agrar-, Ingenieur-, Wirtschafts- und Sozialwissenschaften sowie in den Bereichen Informatik, Technik, Kultur und Musik. An beiden Hochschulen sind derzeit jeweils knapp 14.000 Studierende eingeschrieben. Im Wintersemester 1981/82 wurde die hochschulübergreifende Studienberatung eingerichtet.

Nahezu seit ihrer Gründung kooperieren die Universität und die Hochschule Osnabrück umfassend entlang ihrer hochschulischen Leistungs- und Verwaltungsaufgaben. Die Initiativen für Kooperationen in Lehre, Forschung und Verwaltung gehen sowohl von den Hochschulen als auch vom zuständigen Wissenschaftsministerium aus. Die langjährige Zusammenarbeit wird durch die räumliche Nähe begünstigt. Viele Lehr- und Verwaltungsgebäude befinden sich auf einem gemeinsamen Campus und werden teilweise auch von beiden Hochschulen genutzt. Im Verwaltungsbereich übernimmt beispielsweise das Rechenzentrum der  Universität die Planung, den Betrieb und die Betreuung des kompletten Datennetzwerks auch für die Hochschule. Dasselbe gilt auch für den Bereich der Telekommunikation.

Darüber hinaus arbeiten die Universität und die Hochschule Osnabrück in Lehre und Forschung weitreichend zusammen. Sie bieten kooperative Studienprogramme an, etablieren gemeinsam mit weiteren Partnern einen Gesundheitscampus und haben eine zentrale Serviceeinheit Wissens- und Technologietransfer gegründet. Auch im Bereich der Studierendenservices gehen die beiden Hochschulen gemeinsame Wege. Mitarbeiter, Dozenten und Studierende nutzen die gleiche CampusCard; Mensa und zentraler Hochschulsport stehen den Studierenden und Mitarbeitern beider Hochschulen zur Verfügung.

 

Beschreibung der Kooperation

Die Information und Beratung von Studieninteressierten sowie von Studierenden erfolgt durch die gemeinsam von Hochschule und Universität betriebene Zentrale Studienberatung (ZSB). Ähnlich wie die bereits erwähnte Zusammenarbeit im Bereich Rechenzentrum gehört auch die ZSB mit Gründung im Jahr 1981 zu einem der ältesten und zu einem der ministeriell vorgegebenen Kooperationsverhältnisse zwischen der Hochschule und der Universität Osnabrück.

Die ZSB wendet sich an Studieninteressierte (Schüler und Berufstätige), Fach- und Hochschulwechsler sowie Studierende aller Fachrichtungen. Beantwortet werden Fragen zur Studienwahl, -finanzierung und -organisation. Beratungen erfolgen beispielsweise zu den Themen Studienwechsel oder -abbruch und bei Veränderungen der persönlichen Lebenssituationen von Studierenden, zum Beispiel bei der Geburt eines Kindes. Die ZSB informiert in Schulen und koordiniert gemeinsame Messeauftritte sowie den einmal pro Jahr stattfindenden Hochschulinformationstag, der zusammen von Hochschule und Universität durchgeführt wird.

Der Hochschultyp, Universität oder Fachhochschule, spielt bei der Beratung von Studieninteressierten eine nachgelagerte Rolle. Zwar überschneidet sich das Fächerspektrum der beiden Hochschulen teilweise, doch stehen die unterschiedlichen fachlichen Schwerpunktsetzungen im Mittelpunkt. Beispielsweise fokussiert das Psychologiestudium der Hochschule auf den Bereich der Angewandten Psychologie mit Schwerpunkt Wirtschaftspsychologie, die Universität auf die klinische und interkulturelle Psychologie. Das zentrale Beratungsziel der ZSB liegt in der optimalen Passung zwischen Eignung, Interesse und den Berufs- und Lebenswünschen der Studieninteressenten.

Das hochschulübergreifende Beratungsangebot der ZSB wird von Veranstaltungen für spezifische Zielgruppen (zum Beispiel Frühstudierende oder Studium für alle) speziell der Universität ergänzt. Ebenfalls an der ZSB ist ein Teil des Projekts Vielfalt integrieren der Hochschule Osnabrück zur Erhöhung des Studienerfolgs angesiedelt. Zudem ist die ZSB an weiteren gemeinsamen Initiativen, wie zum Beispiel einem Projekt mit der IHK zur Gewinnung von Studienabbrechern für die regionale Wirtschaft, beteiligt.

Um das Angebot der ZSB nach eigener Darstellung möglichst niedrigschwellig zu halten, werden bei der Beratung keine persönlichen Daten erfasst. Entsprechend kann auch nicht nachgewiesen werden, wie viele Studieninteressierte nach einem Informationsangebot der ZSB ein Studium an einer der beiden Osnabrücker Hochschulen aufnehmen.

 

Organisationsstruktur

Die ZSB ist in eigenen Räumlichkeiten an der Universität untergebracht. Derzeit sind eine Leiterin, zehn teilweise befristete und überwiegend in Teilzeit beschäftigte Mitarbeitende in Beratung, Clearing und Sekretariat sowie studentische Hilfskräfte an der ZSB tätig. Alle Mitarbeiter stehen in einem Arbeitsverhältnis mit der Universität. Wenn auch die Leiterin der ZSB an der Universität angestellt und dem dortigen Vizepräsidenten für Studium und Lehre zugeordnet ist, wurde die Hochschule in den Prozess der Personalauswahl für diese Position einbezogen.

Eine Ausnahme ergibt sich in dem Projekt Vielfalt integrieren und dem Niedersachsen Technikum. Diese Projektmitarbeiter sind unter eigener Leitung an der Hochschule Osnabrück angestellt, aber in den Räumlichkeiten der ZSB untergebracht. Damit ist die Leiterin der ZSB als Universitätsmitarbeiterin nicht weisungsbefugt; die ZSB und die Projekte arbeiten jedoch eng zusammen.

Um insbesondere bei der Information und Beratung von Studieninteressierten über den aktuellen Stand in den Studienangeboten bestens informiert zu sein, steht das ZSB über verschiedene Kanäle auf Fachbereichs- beziehungsweise Fakultätsebene im direkten Kontakt zu beiden Hochschulen. Unter den Beratern ist die Kontaktpflege zu den einzelnen Fachbereichen, Fakultäten und Institutionen aufgeteilt und aktuelle Veränderungen und Informationen werden über die wöchentliche Dienstbesprechung ins Team kommuniziert. Mit einigen Fakultäten und Institutionen gibt es zudem regelmäßige Austauschtreffen mit dem Gesamtteam. Anlassbezogen werden Themen in die relevanten Gremien der Hochschulen eingebracht, insbesondere in die Runden der Studiendekane und die Zentralen Kommissionen für Studium und Lehre. Mindestens zweimal im Jahr trifft sich die Leiterin der ZSB mit den beiden Vizepräsidenten für Studium und Lehre, mit denen die Arbeitsplanung abgestimmt wird. Neben Flyern für jeden Studiengang hält die ZSB Studienverlaufspläne vor, aus denen relevante Informationen zu Fächern, eventuellen Praktika und Studienzeiten strukturiert im Zusammenhang des gesamten Studienprogramms zu entnehmen sind. Um die Dokumentenflut bei knapp 300 Studiengängen übersichtlich zu gestalten, wurden jüngst neue Informationsmaterialien entwickelt, welche die Studiengänge pro Fachdisziplin übersichtlich clustern. Dabei war es den beiden Hochschulen wichtig, dass diese Darstellung weiterhin getrennt nach Hochschule erfolgt, damit die Profile und die Eigenständigkeit der Hochschulen klar nach außen kommuniziert werden.

Eine weitere Möglichkeit der Profilierung über die Studienangebote sehen die beiden Hochschulen darin, die Fachstudienberatungen weiterhin dezentral an den Fachbereichen der Universität beziehungsweise an den Fakultäten der Hochschule zu organisieren. Wissenschaftliche Mitarbeiter oder Professoren der jeweiligen Hochschule beantworten sowohl Studieninteressierten als auch Studierenden spezifische Fragen zu einem Studiengang. Die ZSB stellt die Kontaktdaten der Fachstudienberater pro Hochschule zur Verfügung.

Die Vizepräsidenten für Studium und Lehre der beiden Hochschulen stimmen sich einmal pro Semester in einer gemeinsamen Sitzung mit der Leitung der ZSB über die relevanten strategischen und operativen Themen ab. Kurzfristigere Angelegenheiten werden auf direktem Wege zwischen den Vizepräsidenten geklärt. Aus Sicht der Hochschule kann sie durch den gut funktionierenden Austausch auf Hochschulleitungsebene gleichermaßen Einfluss auf die Gestaltung und Weiterentwicklung der ZSB nehmen wie die Universität als federführende Einrichtung.

 

Ressourcen und Vertrag

Der 1981 geschlossene Kooperationsvertrag zwischen Hochschule und Universität Osnabrück zur ZSB regelt, dass die gemeinsame Einrichtung administrativ an der Universität angesiedelt ist und die Landesgelder sowie die Personalstellen entsprechend über den Universitätshaushalt abgewickelt werden. Die Universität stellt der Hochschule einmal jährlich die anteiligen Personalkosten sowie einen bestimmten Overhead-Betrag für die Leistungserbringung in Rechnung.

Die im Vergleich zur Universität bemerkenswerten Entwicklung der Studierendenzahlen der Hochschule seit Bestehen des Kooperationsvertrags zur ZSB führt zu veränderten Anforderungen an die Zusammenarbeit. Entsprechend wird der Vertrag aktuell neu verhandelt. Dabei sollen unter anderem die Finanzmittelflüsse transparenter als bislang definiert werden. Voraussetzung dafür ist eine differenzierte Kostenstellenstruktur der ZSB, die jüngst entwickelt wurde und insbesondere für die Rechnungsstellung an die Hochschule eine detailliertere Darstellung von eingesetzten Mitteln und erbrachten Leistungen ermöglicht.

 

Nutzen

Für Studieninteressierte und Studierende

  • Es gibt nur eine Anlaufstelle, welche die Informations- und Beratungsangebote neutral für zwei Hochschulen bündelt.
  • Die Beratung von Studieninteressierten kann passgenauer erfolgen, da der ZSB das Studienangebot beider Hochschulen mit unterschiedlichen Fächern beziehungsweise Fachspezialisierungen zur Verfügung steht.
  • Die Studierenden der Hochschule Osnabrück profitieren von einem umfassenderen Beratungsangebot, das die Hochschule allein nicht bieten könnte.
  • Die Erreichbarkeit der Studienberatung kann durch die zusammengeführten Ressourcen beider Hochschulen erhöht werden.

Für die Hochschulen

  • Durch die Kooperation werden Doppelstrukturen und -angebote für die Studieninformation und -beratung am Hochschulstandort Osnabrück vermieden.
  • Die Hochschule hätte ohne die Infrastruktur der einst größeren Universität nicht ein so umfassendes Studieninformations- und Beratungsangebot wie die ZSB aufbauen können.
  • Eine Hochschule profitiert von den spezifischen Beratungs- und Projektleistungen der jeweils anderen Hochschule, welche in die gemeinsame ZSB einfließen. Für die Hochschule ist dies zum Beispiel das Frühstudium und die Gasthörerschaft; für die Universität die Vermittlung von Studienabbrechern an regionale Unternehmen oder das Projekt Vielfalt integrieren.
  • Bei der Gewinnung von Studierenden werden Kosten durch gemeinsame Präsentationsveranstaltungen auf Messen und in Schulen gespart.
  • Da die ZSB ausnahmslos beide Hochschulen repräsentiert, profitiert eine Hochschule von dem Interesse an der jeweils anderen Hochschule bei Präsentationsanfragen und in der Einzelberatung.
  • Aufgrund der Größe der ZSB und der Zusammenarbeit der beiden Hochschulen gelingt eine bessere Einwerbung von passenden Projekten beispielsweise zu Studienerfolg und -abbruch.
  • Die ZSB wird seitens der Angehörigen beider Hochschulen als neutraler Ort wahrgenommen. Eine mögliche Zuordnung neuer Kooperationsprojekte zur ZSB begünstigt weitere Zusammenarbeiten, da sich beide Hochschulen gleichberechtigt zueinander aufstellen können, ohne dass eine Hochschule die Federführung übernimmt.