Bildungssystem

Per Einbahnstraße durch die Hochschulbildung

Einbahnstraßen-Schilder (Foto: iStock.com/Elmar Gubisch)
Einbahnstraßen-Schilder (Foto: iStock.com/Elmar Gubisch)
©

Das Bundesausbildungsfördergesetz, kurz:BaföG, ist eine sehr deutsche Erfolgsgeschichte. Nach 26 Reformen, „die oftmals keine Besserung brachten“ (Matthias Anbuhl, Generalsekretär des Deutschen Studentenwerks) wird im Mai 2022 die 27. Reform auf den Weg gebracht. Trotz guter Ansätze: Ein wirklicher Durchbruch zu mehr Chancengerechtigkeit ist nicht zu erwarten. Die Entwicklung des BaföG steht für das Schneckentempo in unserem Bildungssystem insgesamt. Der Stifterverband hat ein Jahrzehnt unser Bildungssystem auf sechs Handlungsfeldern beobachtet und zieht ein ernüchterndes Fazit: Die Richtung stimmt, das Tempo ist verheerend langsam. 

Im Einzelnen:

  • Bildungschancen hängen nach wie vor von Herkunft und Hintergrund ab.
  • Berufliche und akademische Bildung sind nur punktuell durchlässiger geworden.
  • Akademische Weiterbildung führt an den Hochschulen zumeist ein Schattendasein.
  • Die Internationalisierung hat sich positiv entwickelt und wurde durch Corona nur temporär ausgebremst.
  • Die Lehrerbildung ist zu wenig divers, der Lehrerberuf zu unattraktiv.
  • Der MINT-Bedarf kann besonders im IT- und im Ingenieursbereich nicht ausreichend gedeckt werden.


Ein Bild zeichnet sich ab: Die Hochschulbildung in Deutschland ist voller Sackgassen und Einbahnstraßen. Vom Geschlecht hängt zu sehr die Wahl des Studiengangs ab, berufliche und akademische Bildung sind zu abgeschottet. Das Studium direkt nach dem Abitur ist der Regelfall, eine spätere wissenschaftliche Weiterbildung die Ausnahme. Nach dem Bachelor folgt direkt der dazugehörige Master. Jura und Medizin sind angesehene Studiengänge, Technik und Informatik eher nicht. Die soziale Herkunft bestimmt zu sehr den Bildungsweg.

Der Stifterverband setzt sich mit seinen Förderprogrammen deshalb dafür ein, dass Bildung nicht von der Herkunft, vom Geschlecht, vom Bundesland oder vom Alter abhängen. Er möchte Bildung durchlässig, chancenreich, vielfältig und kooperativ gestalten. Spurwechsel müssen möglich, Pfadänderungen willkommen sein. Bildung ist keine Treppe, eine Hochschule keine Stufe, die einmal genommen wird. Bildung ist ein individueller, verzweigter Weg, der berufliche, private und gesellschaftliche Aspekte vereint und deshalb offen und anschlussfähig sein muss. Der Stifterverband möchte mit seinen Aktivitäten, Förderprogrammen und Netzwerken diese Denkbewegung an die Hochschulen bringen und damit die Transformation an den Hochschulen aktiv unterstützen – und deutlich schneller machen.

Die folgende Artikelübersicht zeigt, in welchen Bereichen sich der Stifterverband - gemeinsam mit seinem Mitgliedern, Förderern und Partnern - bislang engagiert hat, wo unser Bildungssystem bereits auf einem guten Weg ist und wo es weiterhin noch Herausforderungen gibt: 

Fünf Insider geben Einblicke: Verschenkte Jahre und viele drängende Baustellen. Ein Audiofeature über die lahmende Lehrerbildung in Deutschland.

zum Audiofeature Warum die Lehrerbildung nicht vom Fleck kommt

Bild von einer Schnecke
Foto: Unsplash/ graphorama
©

Bei der Weiterbildung suchen Unternehmen immer häufiger den Schulterschluss mit Hochschulen. Das Potenzial ist groß, wird von vielen Hochschulen aber noch nicht richtig genutzt.

Zum Artikel Weiterbildung: Hochschulwissen gesellschaftlich wirksam machen

Blick durch Glastür in Seminarraum (Foto: Kay Herschelmann)
Blick durch Glastür in Seminarraum (Foto: Kay Herschelmann)
©

MINT-Fachkräfte sind nach wie vor stark gefragt – doch die Aufgabenfelder wandeln sich und die Hochschulen stellen sich nur schleppend darauf ein, meint Hagen Pfundner, Vorstand von Roche. Ein Gespräch darüber, wie man junge Menschen für ein MINT-Fach begeistern kann und was Bierbrauen mit Pharmazie zu tun hat.

Zum Artikel „Bildung sollte Fortschritt ermöglichen, nicht umgekehrt“

Hagen Pfundner (Foto: Roche Pharma AG)
Hagen Pfundner (Foto: Roche Pharma AG)
©

Ein Gespräch mit Oliver Bäte, dem Vorstandsvorsitzenden der Allianz SE, über Internationale Bildung – und darüber, welche Fähigkeiten in der Arbeitswelt der Zukunft besonders gefragt sein werden.

Zum Artikel „Wir setzen auf gemischte Teams mit interkulturellen Kompetenzen“

Hände halten einen Globus hoch (Foto: iStock.de/franckreporter)
(Foto: iStock.de/franckreporter)
©

Die deutsche Facharbeiterausbildung ist weltweit einmalig, davon ist Nicola Leibinger-Kammüller von TRUMPF überzeugt. Ein Gespräch über neue Arbeitswelten und warum Abschlussnoten alleine nichts über einen Bewerber aussagen.

Zum Artikel „Einfach nur ein guter Ingenieur oder ein guter Kaufmann zu sein, reicht heute nicht mehr aus“

Nicola Leibinger-Kammüller (Foto: Trumpf Group)
Nicola Leibinger-Kammüller (Foto: Trumpf Group)
©

Bahnchef Richard Lutz im Interview über lebenslanges Lernen – und wie ein Traditionsunternehmen wie die Bahn am Puls der Zeit bleibt.

Zum Artikel „Wer nicht ständig bereit ist, sich fortzubilden, landet auf dem Abstellgleis“

abgeschnittene Bahngleise (Foto: iStock.com/Andreas Weber)
abgeschnittene Bahngleise (Foto: iStock.com/Andreas Weber)
©

Henkel-Chefin Simone Bagel-Trah war in Deutschland die erste Frau an der Aufsichts-Spitze eines Dax-Konzerns. Ein Gespräch über die Bedeutung von Diversity für Unternehmen, über die Schwierigkeiten der chancengerechten Bildung – und darüber, was sie selbst über Brennpunktschulen gelernt hat.

Zum Artikel „In der Vielfalt liegt eine große Stärke – wenn wir sie richtig nutzen“

Simone Bagel-Trah (Foto: Damian Gorczany)
Simone Bagel-Trah (Foto: Damian Gorczany)
©

Der Unternehmer Christian Boehringer über sein Engagement für bessere Schulen, über spät erkannte Talente – und darüber, wie sich die Schulen der Digitalisierung stellen können.

Zum Artikel „Wir müssen begreifen, dass Lehrerinnen und Lehrer in der Entwicklung unserer Kinder eine wichtige Rolle spielen“

Lehrer baut mit Schülern Windrad-Modell (Foto: iStock.com/gorodenkoff)
Lehrer baut mit Schülern Windrad-Modell (Foto: iStock.com/gorodenkoff)
©

Themenfokus: Hochschullehre

Die Wissenschaftler Matthias Uhl und Michael Schermann ließen vor ein paar Jahren Studierende in Fallstudien Unternehmen hacken – und ihr Handeln dabei gleich ethisch hinterfragen. Was ist aus dem Projekt geworden, das der Stifterverband mit einem Fellowship ausgezeichnet hat? 

Zum Artikel Interaktives Spiel statt langweilige Vorlesung

Matthias Uhl und Michael Schermann (Illustration: Irene Sackmann)
Matthias Uhl und Michael Schermann (Illustration: Irene Sackmann)
©

In einer fächer- und hochschulübergreifenden Veranstaltung bringen Jutta Papenbrock und Matthias Pilz Studierende der Wirtschaftspädagogik mit Biologiestudierenden zusammen. Die einen lernen das Unterrichten und die anderen, wie man aus Fachwissen Geschäftsideen entwickelt. 2017 erhielten sie für dieses besondere Lehrkonzept ein Fellowship des Stifterverbandes. 

Zum Artikel Entrepreneurship Education: Wie Studierende fit für den Arbeitsmarkt werden

Matthias Pilz und Jutta Papenbrock (Illustration: Irene Sackmann)
Matthias Pilz und Jutta Papenbrock (Illustration: Irene Sackmann)
©

Als Tobias Veith 2014 seinen Onlinekurs zur Europäischen Elektrizitätswirtschaft entwickelte, steckte die digitale Lehre an vielen Hochschulen noch in den Kinderschuhen. Für sein Konzept, das bis heute erfolgreich an der Hochschule umgesetzt wird, erhielt er 2015 ein Fellowship des Stifterverbandes. Teil 3 unserer Serie zu Innovationen in der Hochschullehre.

Zum Artikel Pionier in der Onlinelehre

Tobias Veith (Illustration: Irene Sackmann)
Tobias Veith (Illustration: Irene Sackmann)
©

Mit ihrem Ansatz des forschenden Lernens hat Micol Alemani das Physik-Grundpraktikum an der Universität Potsdam umgekrempelt. Ihre Uni ist begeistert, ebenso wie der Stifterverband, der sie mit einem Fellowship auszeichnete. 

Zum Artikel Hochschullehre: „Ich will Studierende für das unerschrockene Experimentieren begeistern“

Micol Alemani (Illustration: Irene Sackmann)
Micol Alemani (Illustration: Irene Sackmann)
©

Lange galt die Forschung und die Länge der Publikationsliste als die wichtigste Währung in einer wissenschaftlichen Karriere. Doch in den vergangenen Jahren hat eine ganz andere Kompetenz zunehmend an Bedeutung gewonnen: den akademischen Nachwuchs mit guten Lehrveranstaltungen für das Fach zu begeistern – um damit neuen Spitzenkräften den Weg zu ebnen. Dazu beigetragen hat auch das Stifterverbands-Programm „Fellowship für Innovationen in der Hochschullehre“, das nach zehn Jahren nun ausläuft.

Zum Artikel Lehrende, die begeistern können

Lehrfellow Tobias Raupach im Seminar mit Studierenden (Foto: David Ausserhofer)
Lehrfellow Tobias Raupach im Seminar mit Studierenden (Foto: David Ausserhofer)
©

Themenfokus: Future Skills

Wie kann die Zusammenarbeit von Hochschule, Wirtschaft, Politik und Gesellschaft in Zukunft besser gelingen? Ein Interview mit Andrea Frank (Stifterverband) und Reinhold R. Geilsdörfer (Dieter Schwarz Stiftung) über neue Formen des Austausches und welche Rolle sogenannte Innovation Hubs dabei spielen.

Zum Artikel Neue Räume des Wissensaustausches

Der humanoide Roboter Thea (Foto: David Ausserhofer)
Der humanoide Roboter Thea (Foto: David Ausserhofer)
©

Data Literacy gilt im deutschen Mittelstand vielerorts noch als exotisches Thema, das man IT-Mitarbeiterinnen und -Mitarbeitern überlässt. Das könnte sich rächen, meinen Volker Meyer-Guckel (Stifterverband) und Eckhard Schwarzer (DATEV Stiftung). Ein Gespräch über die Bedeutung von Datenkompetenzen für zukunftsfähige Geschäftsideen, Reskilling und Perspektivwechsel.

Zum Artikel „Wir haben in unserem Land viele Digitalverweigerer“

X auf Computer-Bildschirm (Foto: iStock.com/PashaIgnatov)
X auf Computer-Bildschirm (Foto: iStock.com/PashaIgnatov)
©

Uve Samuels ist Geschäftsführer der HSBA Hamburg School of Business Administration. Hier bringt er den Studierenden bei, welche „Digital Skills“ für morgen wichtig sind und wie man mit neuen Technologien kreativ die Zukunft gestalten kann. 

Zum Artikel Daten sind das neue Kapital

Uve Samuels (Foto: Valeska Achenbach)
Uve Samuels (Foto: Valeska Achenbach)
©

Jeder kann ein Smartphone nutzen, aber nur die wenigsten wissen, wie Daten darin verarbeitet werden. Mit dem Projekt "Daten Lesen Lernen" wollen Jana Lasser und ihr Team von der Universität Göttingen das nun ändern – und Studierenden damit eine der entscheidenden Kernkompetenzen für das Arbeiten in einer digitalen Welt vermitteln. 

Zum Artikel Schluss mit der Datenphobie!

Jana Lasser (Foto: Damian Gorczany)
Jana Lasser (Foto: Damian Gorczany)
©
Tauchen Sie tiefer in unsere Insights-Themen ein.
Zu den Insights