Handlungsempfehlungen an die Politik
SCIENCE ENTREPRENEURSHIP UND TRANSFER ENTWICKELN
Um Innovationskraft und gesellschaftlichen Fortschritt nachhaltig zu sichern, braucht es verlässliche politische Rahmenbedingungen und eine enge Zusammenarbeit zwischen Wissenschaft, Wirtschaft, Zivilgesellschaft und Politik. Denn nur gemeinsam lassen sich die großen Herausforderungen unserer Zeit wirksam und zukunftsorientiert gestalten. Der Stifterverband – insbesondere im Handlungsfeld "Kollaborative Forschung & Innovation" – fördert diesen Dialog und bringt zentrale Akteure an einen Tisch, um forschungsbasierte Innovationen voranzubringen und notwendige strukturelle Reformen anzustoßen.
In unseren drei Fokusthemen haben wir dazu konkrete Handlungsempfehlungen für die Politik entwickelt. Auf dieser Seite finden Sie die Empfehlungen aus dem Bereich "Science Entrepreneurship und Transfer entwickeln".
Hochschulen leisten durch ihre Transfer- und Gründungsförderung einen wichtigen Beitrag zur Innovationskraft Deutschlands, sind dabei jedoch stark auf Drittmittel angewiesen. Im Jahr 2022 waren drei Viertel der Gründungsförderungsaktivitäten drittmittelfinanziert, während Hochschulen größtenteils weniger als ein Prozent ihrer Haushaltsmittel für das Gründungsbudget aufwenden. Die Wissenschaftsministerien der Länder sollten in den Hochschulgesetzen nicht nur Wissenstransfer verankern, sondern explizit die entsprechende Mittelzuweisung sowie in den Hochschulrahmenvereinbarungen die Finanzierung der Gründungsförderung und Transferstellen durch prozentuale Mindestanteile am Landeszuschuss absichern und diese in den Wirtschaftsplänen sowie Gemeinkostenpauschalen ausweisen.
Solange sich mit Transfer in erster Linie die Vorstellung von wirtschaftlicher Verwertbarkeit verbindet, wird sich kaum eine Wissenschaftlerin oder ein Wissenschaftler aus den Geistes- oder Gesellschaftswissenschaften als zuständig betrachten. Aktuell zeichnet sich in politischen und wissenschaftlichen Debatten ein Konsens hin zu einem erweiterten Transferverständnis ab, wie es seit mehreren Jahren auch vom Wissenschaftsrat zugrunde gelegt wird. Die Bundesregierung sollte gezielt Förderprogramme auflegen und eine Transferindikatorik etablieren, die ein breites Transferverständnis fördert und Begriffe wie "Soziale Wertschöpfung" und "Public Value" mit einbeziehen, zudem sollten Skalierungs- und Kommerzialisierungsmodelle stärker in den Geistes- und Sozialwissenschaften verbreitet werden, etwa über Best-Practice-Beispiele und Beratungsangebote.
Der Bund setzt aktuell starke Signale für die Stärkung der Transferförderung. Gleichzeitig sorgt das abrupte Auslaufen von Förderprogrammen wie beispielsweise EXIST oder die nicht erfolgte Umsetzung von DATI für Verunsicherung auf Ebene der Landespolitik. Die Länder entwickeln vermehrt eigene Förderprogramme, wie beispielsweise NRW mit der Förderung von ESC-Hochschulen. Das Bundesministerium für Forschung, Technologie und Raumfahrt (BMFTR) und das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWE) sollten gemeinsam mit den Wirtschafts- und Wissenschaftsministerien der Länder auf eine Verbesserung von Kooperations- und Koordinierungsprozessen bei der Transferförderung hinarbeiten und dafür geeignete Austauschformate entwickeln, um Synergien besser zu nutzen und Potenziale zu heben.
Bund-Länder-Dialog: Wissens- und Technologietransfer weiterentwickeln
Der Dreiklang "Wissenschaft, Forschung und Transfer" ist zentral in der Zukunftsstrategie der Bundesregierung verankert, bisher ist jedoch Brandenburg das einzige Bundesland mit einer eigenen Transferstrategie. Die Bundesländer sollten gezielt Stärken und Schwächen hinsichtlich ihrer Forschungs- und Transferpotenziale analysieren und zur Herstellung von Synergien sowie zur Identifizierung von Doppelstrukturen und Förderlücken zwischen den verschiedenen Ebenen abgestimmte Transferstrategien entwickeln, beziehungsweise Transfer konsequent in ihre Innovationsstrategien integrieren.
Bund-Länder-Dialog: Wissens- und Technologietransfer weiterentwickeln
Angesichts angespannter öffentlicher Kassen ist es wichtig, den privatwirtschaftlichen Beitrag zur Finanzierung von Innovationen weiterhin kontinuierlich zu steigern, damit unter anderem das 3,5 Prozent-Ziel für FuE-Ausgaben bis zum Jahr 2025 erreicht wird, aber auch die Gründungsförderung an Hochschulen unabhängiger von der öffentlichen Förderung und Drittmiteln wird. Innovative Fördermaßnahmen des Bundes (unter anderem Startup Factories, Clusters4Future) setzen starke Impulse, um private Mittel zu heben. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWE) und das Bundesministerium für Forschung, Technologie und Raumfahrt (BMFTR) sollten diese Maßnahmen weiterentwickeln und auf einen langfristigen Zeitraum ausrichten, um eine optimale Wirkung zu gewährleisten sowie erfolgreiche Formate wie beispielsweise Runde Tische mit Family Offices zu skalieren.
Bund-Länder-Dialog: Wissens- und Technologietransfer weiterentwickeln
Komplizierte und langwierige IP-Transferprozesse an deutschen Hochschulen behindern das schnelle Handeln von Gründungsteams, da der Fokus der Wissenschaftseinrichtungen auf Rechtssicherheit und Beteiligung an Verwertungserfolgen liegt. Die Bundesregierung hat das erkannt und eine nationale IP-Transfer-Strategie im Kooperationsvertrag verankert. Diese sollte konsequent zusammen mit den Landesregierungen umgesetzt werden, um Hochschulen zu motivieren, rechtssichere und effizientere Formen des Transfers und des Schutzes geistigen Eigentums (zum Beispiel virtuelle Unternehmensbeteiligungen von Hochschulen) zu etablieren. Dazu sollten unter anderem Anreize für die Generierung von IP und den IP-Transfer geschaffen, Rechtsberatungsstellen eingerichtet beziehungsweise Budgets für Rechtsberatung bereitgestellt und die Möglichkeiten, die erweiterten Spielräume der AGVO (Allgemeine Gruppenfreistellungsverordnung) zu nutzen, breit diskutiert werden.
Grundsatzpapier für eine nationale IP-Transferstrategie des Stifterverbandes in Zusammenarbeit mit der Bundesagentur für Sprunginnovationen, dem Bundesverband Deutsche Startups e.V., dem High-Tech Gründerfonds und der TransferAllianz
Die zentrale Aufgabe einer innovationsorientierten Regierung ist es, Transferbarrieren gezielt abzubauen. Hierzu gehören einerseits Initiativen zur Entbürokratisierung und Digitalisierung aller Prozesse in der Grundlagen- und anwendungsorientierten Forschung sowie andererseits starke Synergien zwischen Wissenschafts- und Wirtschaftsförderung. Der Neuzuschnitt als Bundesministerium für Forschung, Technologie und Raumfahrt (BMFTR) ist ein wichtiger erster Schritt dafür. Darüber hinaus sollten Förderinstrumente wie das Zentrale Innovationsprogramm Mittelstand (ZIM), das Innovationsprogramm für Geschäftsmodelle und Pionierlösungen (IGP), die Industrieforschungsförderung sowie das erweiterte Startup-Factory-Programm aufrechterhalten und über die Ressorts hinweg gestärkt werden.
Viele Forschungsergebnisse sind mit dem Auslaufen von Fördergeldern noch nicht verwertungsreif, und es bedarf häufig nur geringer Mittel, um den entscheidenden Schritt zur Verwertungsreife zu realisieren. Ein Dachfonds, der angelehnt an das Venture-Capital-Geschäft Fonds-in-Fonds-Investitionen betreibt, könnte hier niederschwellig Abhilfe leisten. Die Bundesregierung sollte in Ergänzung zum High-Tech Gründerfonds HTGF und Deep Tech & Climate Fonds DTCF im Rahmen der KFW und/oder der SPRIND einen Fonds zur Finanzierung von Transferaktivitäten pilotieren, um aus Forschungsergebnissen mit Transferpotenzial mehr Innovationen werden zu lassen.
Kontakt

Marte Sybil Kessler
leitet das Handlungsfeld "Kollaborative Forschung & Innovation" und die Fokusthemen "Impact of Science stärken" und "Science Entrepreneurship und Transfer entwickeln".
T 030 322982-325

Johanna Schwan
ist Teamleiterin im Fokusthema "Science Entrepreneurship und Transfer entwickeln".
T 030 322982-536