Wahlprüfsteine zur Landtagswahl in Thüringen zum Thema Lehrkräftebildung

Welche Maßnahmen planen die im Thüringer Landtag vertretenen Parteien, um dem dramatischen Mangel an qualifizierten Lehrkräften in den Schulen zu begegnen? Das wollte der Stifterverband im Vorfeld der Landtagswahl in Thüringen wissen. Fazit: Die Ziele der Parteien für die Lehrkräftebildung sind vielversprechend, bleiben jedoch vor allem beim Erwerb von digitalen und KI-Kompetenzen hinter den politischen Gestaltungsmöglichkeiten zurück.

27.08.2024

Im Jahr 2030 fehlen laut Prognosen bundesweit bis zu 68.000 Lehrkräfte. In Thüringen trifft es vor allem die weiterführenden Schulen in der Sekundarstufe I. Hier spitzt sich die Lage dramatisch zu: Selbst wenn Gymnasiallehrkräfte, die an den Gymnasien nicht benötigt werden, an den Regelschulen eingesetzt werden, kann voraussichtlich nur jede fünfte Stelle besetzt werden. Hinzu kommt, dass vielen Lehrkräften wichtige Zukunftskompetenzen fehlen, insbesondere im Bereich der Digitalisierung und Künstlichen Intelligenz, um gesellschaftliche Transformationsprozesse erfolgreich zu gestalten und ihre Schülerinnen und Schüler dazu zu befähigen.

Angesichts dieser bildungspolitischen Herausforderungen hat der Stifterverband die Allianz für Lehrkräfte im Rahmen seiner Zukunftsmission Bildung initiiert. Die Allianz arbeitet konkret daran, die Lehrkräftelücke zu schließen und sicherzustellen, dass alle (angehenden) Lehrkräfte digitale und KI-Kompetenzen erwerben. Im Rahmen der Allianz wurden deshalb alle im Thüringer Landtag und im Bundestag vertretenen Parteien gefragt, welche Ziele sie in Bezug auf die Lehrkräftebildung verfolgen und mit welchen politischen Aktivitäten sie die Attraktivität und Qualität der Lehrkräftebildung steigern wollen. Die AfD und das BSW haben nicht geantwortet.

Insgesamt ist festzustellen: Alle Parteien, die geantwortet haben, sehen die Notwendigkeit, den Lehrkräftemangel zu bekämpfen. Die Regierungsparteien setzen auf die Einführung schulstufenübergreifender Lehrämter, um Lehrkräfte künftig flexibler an verschiedenen Schulformen einsetzen zu können. Der Einführung eines Ein-Fach-Studiums in Mangelfächern, dualen Studienmodellen und der Einbeziehung der Hochschulen für angewandte Wissenschaften in die Lehrkräftebildung stehen sie mehrheitlich positiv gegenüber. Praxisbezüge sollen verstärkt und besser mit dem Studium verzahnt werden. Positiv hervorzuheben ist auch, dass sie teilweise nicht nur darauf setzen, zusätzliche Personen für den Beruf als Lehrkraft zu gewinnen, sondern auch den Studienerfolg von Lehramtsstudierenden erhöhen zu wollen. Unstrittig ist, dass es Aus- und Fortbildungsangebote im Bereich Digitalisierung und KI geben muss; für obligatorische Module im Studium, wie sie der Stifterverband fordert, plädieren allerdings lediglich Bündnis 90/Die Grünen.

Dagegen fallen die Antworten der Parteien hinsichtlich geplanter Maßnahmen zur Stärkung der Funktionsfähigkeit der Zentren für Lehrkräftebildung weniger befriedigend aus. Nur die Oppositionsparteien sehen diesbezüglich politischen Handlungsbedarf. Aus Sicht des Stifterverbandes ist eine Stärkung der Handlungs- und Steuerungsfähigkeit der Zentren eine wesentliche Voraussetzung, um die Erfordernisse einer professionsadäquaten Lehrkräfteausbildung gegenüber den Interessen der Fachbereiche oder Fakultäten wirksam durchzusetzen.

Fazit: Die Parteien sind größtenteils auf dem richtigen Weg. Doch obwohl in Thüringen der Lehrkräftemangel so dramatisch ist wie in kaum einem anderen Bundesland, fehlt bei allen Parteien ein klares Bekenntnis, die Lehrkräftegewinnung klar zu priorisieren. Hier sind weitere Maßnahmen erforderlich, um mehr Studierende für das Lehramt zu gewinnen und neue Zielgruppen zu erschließen. Auch beim Thema digitale und KI-Kompetenzen sind ambitioniertere Ziele und ein entschlosseneres Vorgehen erforderlich. Deshalb appelliert der Stifterverband an die künftige Landesregierung, in ihrem Arbeitsprogramm im Schulterschluss mit zivilgesellschaftlichen Akteuren und der Allianz für Lehrkräfte auszuloten, wie sich der Masterplan "Lehrkräftebildung neu gestalten" und die Empfehlungen der Ständigen Wissenschaftlichen Kommission der KMK zur "Lehrkräftegewinnung und Lehrkräftebildung für einen hochwertigen Unterricht" umsetzen lassen.

 

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Peggy Groß (Foto: Marcel Schwickerath)

Peggy Groß

ist Pressesprecherin des Stifterverbandes.

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Bettina Jorzik (Foto: Damian Gorczany)

Bettina Jorzik

ist Programmleiterin für Hochschullehre, Lehrkräftebildung und Diversität.

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