Future Skills

Netze für gute Bildung (Teil 3)

Illustration: Francesco Ciccolella
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Einer der Studierenden, der in solchen Netzwerken aktiv ist, heißt Jorin Meyer. Der Psychologie-Student hat eine Tour quer durch Deutschland hinter sich, von seiner Universität in Tübingen bis nach Berlin. Jetzt steht er an einer raumhohen Fensterfront mit Blick auf die Spree, die ein paar Schritte entfernt vorbeifließt. Draußen sitzen ein paar Studierende in der Sonne und lernen, aber Jorin Meyer wird den ganzen Tag drinnen verbringen, in den Räumen der Hochschule für Technik und Wirtschaft (HTW Berlin) in Oberschöneweide am Rande der Hauptstadt. Er gehört zu denen, die über eine Digitalisierungsstrategie für die HTW Berlin diskutieren – einer der Vizepräsidenten der Hochschule ist dabei, etliche Professoren, dazu Kollegen aus anderen Hochschulen und neben Meyer einige weitere Studierende. Gemeinsam grübeln sie darüber, wie man die Digitalisierung am besten angeht – und was man von anderen Hochschulen lernen kann. Jorin Meyer hat eine klare Vorstellung davon, wie es im digitalen Zeitalter in einer Hochschule zugehen sollte und wie nicht: „Ziel der Digitalisierung kann nicht sein, dass die Lehrenden eine schlechte Vorlesung auf Video aufnehmen und ins Netz stellen. Die Vorlesungen müssen mithilfe digitaler Techniken grundsätzlich besser werden“, sagt er.

Digitales Zeitalter noch nicht an allen Hochschulen angekommen

Illustration: Francesco Ciccolella
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Warum keine Apps einsetzen, mit denen die Studierenden während einer Vorlesung Fragen stellen können, auf die der Professor dann eingeht? Solcherlei Instrumente gebe es mittlerweile zur Genüge, so Jorin Meyer. Und selbst vermeintlich altmodische Folien auf dem Overhead-Projektor lassen sich beispielsweise mit Lernvideos zu einer hochmodernen Form der Lehre kombinieren. Auch sogenannte Lern-Management-Systeme wie Moodle stünden an vielen Hochschulen längst bereit – sie müssten nur auch flächendeckend eingesetzt werden. Seine Mängelliste geht aber noch weiter, sie reicht bis hin zur Univerwaltung: „Es gibt Universitäten, an denen die Studenten immer noch jeden Schein für ein belegtes Seminar einzeln abholen und fein säuberlich stempeln lassen müssen. Und wenn sie ihn verlieren, gibt es an keiner zentralen Stelle mehr einen Nachweis, dass sie das Seminar auch wirklich besucht haben. Das sollte im digitalen Zeitalter nun wirklich der Vergangenheit angehören“, findet Jorin Meyer.

Es sind diese Einblicke aus der Praxis, die das Netzwerken so wertvoll machen: Alle Beteiligten bringen ihre Sichtweise ein, Studierende ebenso wie Professoren und Verwaltungsmitarbeiter. Die Veranstaltung an der HTW Berlin wird im Rahmen einer Peer-to-Peer-Strategieberatung vom Hochschulforum Digitalisierung organisiert – einem Netzwerk, das der Stifterverband, das Centrum für Hochschulentwicklung (CHE) und die Hochschulrektorenkonferenz gemeinsam ins Leben gerufen haben. Dahinter steht die Beobachtung, dass alle Hochschulen vor der gleichen Aufgabe stehen: Sie müssen ihre über Jahrzehnte eingespielten Abläufe entstauben.

„Ziel der Digitalisierung kann nicht sein, dass die Lehrenden eine schlechte Vorlesung auf Video aufnehmen und ins Netz stellen. Die Vorlesungen müssen mithilfe digitaler Techniken grundsätzlich besser werden.“

Jorin Meyer (Foto: privat)
Jorin Meyer (Foto: privat)
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Jorin Meyer
Psychologie-Student und Mitglied im studentischen Verband Netzwerk N.

Ohne Netzwerke geht es nicht mehr

Illustration: Francesco Ciccolella
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Wie aber geht man das an? Ohne Netzwerke, davon ist der Stifterverband überzeugt, lässt sich das kaum stemmen. Das Hochschulforum Digitalisierung hat über die Jahre Kontakt zu mehr als 1.600 Fachleuten gesammelt – unter ihnen viele Professoren, die die Digitalisierung an ihren Hochschulen bereits vorangetrieben haben. Sie können bei Veranstaltungen wie jener hier in Berlin aus eigener Anschauung berichten, was gut funktioniert, wo die Stolpersteine liegen und natürlich auch, wie man es schafft, eine komplexe Digitalisierungsstrategie in die Praxis umzusetzen.

Genau darum geht es hier an der HTW Berlin. Und in den hellen Räumen mit Blick auf die Spree wird deutlich, warum das Netzwerken so wichtig ist: So viele Aspekte gilt es bei der Digitalisierung zu bedenken, so viele rechtliche Vorschriften einzuhalten, dass die Hochschulen gegenseitig von ihren Erfahrungen profitieren können. Ist es zum Beispiel sinnvoll, ein Servicebüro einzurichten, in dem erfahrene Digitalexperten die Professoren zu digitalen Hilfsmitteln für ihre Vorlesung beraten? Welche Standards sollten für digitale Klausuren gelten? Oder auch: Wie lässt sich die Entwicklung von digitalen Lehrprojekten auf das Lehrdeputat anrechnen? Also auf jene Zeit, die Professoren laut Gesetz pro Woche für die Lehre aufwenden müssen? Solche Formalitäten bilden das Gerüst, ohne das all die schönen Pläne von einer digitalen, interaktiven Lehre an den Hochschulen schnell zusammenbrechen würden.

„Wir hatten selbst vor einigen Jahren eine solche Beratung zu unserer Digitalisierungsstrategie“, erzählt Eva Waller. Die Professorin für Wirtschaftsrecht ist von der Hochschule Bochum angereist, und sie hat gleich erkannt: Die HTW Berlin steht vor den gleichen Fragen, die damals auch an ihrer Hochschule diskutiert wurden. Waller schaut auf die Tagesordnung des Treffens in Berlin und nickt: „Wir gleichen die Bausteine der Digitalisierungsstrategie ab und schauen kritisch, ob es irgendwo einen blinden Fleck gibt.“ Dass sich die Mühe lohnt, steht für Eva Waller außer Frage. Sie erinnert sich zurück an die vergleichbaren Expertentreffen bei ihr an der Hochschule. Von dem Schwung, der im Zuge der Digitalisierung allenthalben zu spüren ist, profitiere die Hochschule bis heute.

Teil 1 und 2 unserer Reise

Illustration: Francesco Ciccolella
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Im ersten Teil unserer Reise ging es um die Netzwerke und Initiativen, die unsere Schulen besser machen wollen. Wir lernen zum Beispiel Kolja Brandtstedt kennen, der Lehrern die Angst vor dem Neuen nehmen will.

Im zweiten Teil unserer Reise ging es um die Vernetzung von Hochschulen und Unternehmen. Denn Weiterbildung wird in künftigen Arbeitswelten eine deutlich höhere Bedeutung erhalten als heute. 

Dieser Text, der vor der Corona-Krise entstanden ist, erschien zuerst in: CARTA 2020 - Das Bildungsmagazin des Stifterverbandes

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