Diversity Audit bald auch für Unternehmen

Der Stifterverband möchte sein erfolgreiches Diversity Audit "Vielfalt gestalten", das sich bisher an Hochschulen und außeruniversitäre Forschungseinrichtungen gerichtet hat, künftig auch Unternehmen anbieten. Wichtige Mitstreiter bei der ko-kreativen Weiterentwicklung sind neben der "Charta der Vielfalt" neun Unternehmen, fast alle Mitglieder des Stifterverbandes. Die Unternehmen wie auch der Stifterverband selbst wollen das Audit durchlaufen.

Große Unterstützung in der Entwicklungs- und Pilotphase leistet Henkel. Aufsichtsratsvorsitzende Simone Bagel-Trah ist Vizepräsidentin des Stifterverbandes und dessen Botschafterin für das Thema Diversity. Sonja Kuch, Senior Global Diversity & Inclusion Manager bei Henkel, berät den Stifterverband bei der Ausarbeitung des Unternehmens-Audits und ist dafür an zwei Tagen pro Woche für den Stifterverband tätig. Dabei arbeitet sie eng mit Programmleiterin Bettina Jorzik und Diversity-Managerin Gudula Merchert-Werhahn zusammen.

Bettina Jorzik und Sonja Kuch (Fotos: Damian Gorczany/Henkel)
Fotos: Damian Gorczany/Henkel
Stifterverband-Programmleiterin Bettina Jorzik (li.) und Sonja Kuch, Senior Global Diversity & Inclusion Manager bei Henkel

Frau Kuch, Hand aufs Herz: Warum haben Sie sich ausgerechnet das Nischenthema Diversity vorgenommen?
Kuch: Es ist in der Tat noch gar nicht so lange her, da wurde Diversity von vielen als "Nice-to-have"-Thema abgetan. Doch mittlerweile ist Vielfalt sehr sichtbar – und unaufhaltsam in unserer Gesellschaft und Arbeitswelt angekommen. Die Welt ändert sich rasant, und wir befinden uns mitten in einer tiefgreifenden Transformation: Globalisierung, Digitalisierung, demografischer Wandel und Fachkräftemangel zwingen Organisationen dazu, sich diesen Herausforderungen intensiver zu stellen. Der Anpassungsdruck wächst, es entstehen jedoch auch neue Chancen.

Aber bleibt das Thema nicht trotzdem lästig? Unternehmen geht es doch vor allem um Gewinne!
Kuch: Aber genau das ist der Punkt! Diverse Teams und Organisationen sind erwiesenermaßen innovativer und erfolgreicher. Dazu bedarf es aber einer offenen, wertschätzenden Kultur und Führung, so dass sich das Potenzial von unterschiedlichen Perspektiven und Hintergründen entfalten kann. Außerdem müssen transparente Strukturen und Prozesse geschaffen werden, die allen Beschäftigten faire Chancen zur Teilhabe bieten. Der Impact von Diversität ist auch im Zusammenspiel mit dem Thema Nachhaltigkeit hochrelevant: Anleger betreiben zunehmend sogenanntes Impact-Investing, also Investments in Unternehmen, die Nachhaltigkeit und Vielfalt leben. Junge Talente, die die Wirtschaft derzeit händeringend sucht, entscheiden sich oft bewusst für genau solche Unternehmen. Diversity ist also ein wichtiger Wettbewerbsvorteil!

Das hat Henkel sicher schon lange erkannt. Warum unterstützen Sie dann zusätzlich noch die Entwicklung eines Unternehmens-Audits mit dieser Kooperation mit dem Stifterverband?
Kuch: Das ist absolut richtig. Für Henkel ist Vielfalt definitiv ein "Must-have"-Businesscase. Diversity und Inclusion sind seit vielen Jahren in unserer Unternehmensstrategie und -kultur fest verankert und stehen heute mehr denn je auf unserer Agenda. Uns verbindet eine langjährige, enge Zusammenarbeit mit dem Stifterverband. Nun möchten wir eine weitere Brücke schlagen zwischen Wissenschaft und Wirtschaft, um gemeinsam die Herausforderungen bei den Themen Diversität, Chancengerechtigkeit und Inklusion anzugehen. Vielfalt und damit gesellschaftlichen Zusammenhalt zu fördern, kann nicht nur Aufgabe des Staates sein, sondern braucht ein starkes, auch unternehmerisches Engagement. Wir freuen uns deshalb, mit der Unterstützung des Stifterverbands-Audits einen Beitrag zu leisten.

Was genau ist das Ziel des Audits? Es gibt doch schon viele Diversity-Checks auf dem Markt ...
Kuch: Bislang gibt es aus unserer Sicht kein Instrument, das Unternehmen in einem strukturierten Prozess auf dem Weg zu einer nachhaltigen Diversitätsstrategie und kulturellen Transformation ganzheitlich, mit externen Experten und Peer-Austausch begleitet. Für ein solches Verfahren sind Expertise und Glaubwürdigkeit gefragt – beides zeichnet den Stifterverband aus. Zusammen mit der "Charta der Vielfalt" und den beteiligten Unternehmen, allesamt passionierte Peers, ergibt das einen "perfect match"!

Frau Jorzik, Sie verantworten dieses Projekt im Stifterverband. Was genau haben Sie vor?
Jorzik: Noch bis zum Sommer sind wir dabei, das bisherige Audit im Hinblick auf die Bedarfe und Anwendbarkeit bei Unternehmen zu überprüfen und dann entsprechend anzupassen. An den Hochschulen erstreckt sich der Prozess beispielsweise über etwa zweieinhalb Jahre. Für Unternehmen ist das zu lang. Auch die Namensgebung werden wir prüfen.

Was ist Ihre Vision für das Unternehmens-Audit – das später dann wahrscheinlich anders heißt?
Jorzik: Ich wünsche mir, dass das Audit perspektivisch auf genauso gute Resonanz stößt wie im Hochschulbereich. Das Zertifikat, das ein Unternehmen am Ende des Prozesses bekommt, soll das Gütesiegel für eine diversitätssensible und -gerechte Unternehmenskultur werden. Darüber hinaus kann ich mir vorstellen, das Audit auch für andere Bereiche weiterzuentwickeln, wie etwa Behörden und Schulen. Diversität ist ein Schlüsselthema der Zukunft.

Das klingt sehr vielversprechend. Was können Mitgliedsunternehmen denn tun, die sich jetzt ebenfalls für das Diversity Audit des Stifterverbandes interessieren?
Jorzik: Wenn wir die Pilotierungsphase abgeschlossen haben und das Audit breit anbieten, freuen wir uns über zahlreiche Interessensbekundungen. Wir halten unsere Mitglieder dazu auf dem Laufenden.

Frau Kuch, zum Schluss noch eine persönliche Frage: Wie geht es Ihnen bei uns im Stifterverband?
Kuch: Ganz hervorragend! Nach über 25 Jahren internationaler Konzerntätigkeit sehe ich diese Abordnung als große Bereicherung. Es ist hochinteressant, eine Organisation näher kennenzulernen, deren Fokus auf der Gemeinnützigkeit liegt. Durch das hohe persönliche Engagement und die ausgeprägte Kollegialität im Team ist die Zusammenarbeit ausgesprochen produktiv und von einer sehr guten Arbeitsatmosphäre geprägt. An dieser Stelle möchte ich mich auch gerne bei unserer Aufsichtsratsvorsitzenden, Simone Bagel-Trah, unserem Vorstandsvorsitzenden Carsten Knobel und unserer Personalvorständin Sylvie Nicol herzlich bedanken, die meine Abordnung zum Stifterverband ermöglicht haben. Des Weiteren hat es mich sehr gefreut zu hören, dass Volker Meyer-Guckel als neuer Generalsekretär das Thema Diversität zur Chefsache erklärt und damit die Bedeutung von Vielfalt für den Stifterverband eindrucksvoll bestätigt hat.

Jorzik: Dem schließen wir uns an – und möchten außerdem auch noch den anderen Unternehmen danken, die sich mit uns in diesen Prozess gestürzt haben: BNP Paribas, Boehringer Ingelheim, E.ON, Kärcher, Sanofi-Aventis, SAP, Telekom und thyssenkrupp.