Zwischen Willkommen und Wirklichkeit

Befragung internationaler MINT-Studierender:
Wie die Integration in Gesellschaft und Arbeitsmarkt besser gelingt

"Zwischen Willkommen und Wirklichkeit" (Cover des Policy Papers)

Gut ausgebildete Studierende in den Fächern Mathematik, Informatik, Natur- und Technikwissenschaften (MINT) sind Garanten für wirtschaftlichen Erfolg und die Zukunftsfähigkeit eines technologieorientierten Landes. In den entsprechenden Berufsfeldern besteht hierzulande allerdings eine Arbeitskräftelücke in Höhe von knapp 290.000 Personen: Die sogenannte "MINT-Lücke".

Um diese Lücke zu schließen, sollten unterschiedliche Maßnahmen ergriffen werden. Eine Möglichkeit besteht darin, dass vermehrt internationale Studierende nach Deutschland kommen und in Studium, Gesellschaft und Arbeitsmarkt erfolgreich und langfristig integriert werden.

Das Gute dabei: Deutschland zählt weltweit bereits zu den attraktivsten Ländern für (MINT-) Studierende aus aller Welt. Zuwanderung über die Hochschulen bringt dabei viele Vorteile mit sich.

Gute Bedingungen für eine soziale Integration während des Studiums, vereinfachte Möglichkeit des Spracherwerbs, eine anerkannte und qualitativ hochwertige Qualifizierung und die hohe Eigenmotivation, nach Deutschland zu kommen und zu bleiben, statt potenzielle Beschäftige mühsam in anderen Ländern anzuwerben. In einer zunehmend international ausgerichteten Arbeitswelt können sie als mehrsprachige und interkulturell erfahrene Persönlichkeiten, die Land und Leute am Ende ihres Studiums bereits gut kennengelernt haben, in vielerlei Hinsicht wertvoll sein.

Hier lohnt es sich daher, weitere unterstützende (politische) Maßnahmen auf den Weg zu bringen, um Fachkräfteengpässen zu begegnen und den Weg von den Hochschulen in den Arbeitsmarkt zu ebnen. Die hohe Qualität der Hochschulbildung sowie niedrige Gebühren sind bereits ein Vorteil für Deutschland im internationalen Vergleich und manch öffentliches Förderprogramm weist in diese Richtung, beispielsweise die Campus-Initiative Internationale Fachkräfte des DAAD. Weitere Maßnahmen hin zu einer dauerhaft erfolgreichen (Arbeitsmarkt-) Integration sind nötig.

Das im April 2024 veröffentlichte Policy Paper möchte einen genaueren Blick auf Potenziale und Herausforderungen für eine langfristige Integration in Deutschland werfen. Neben bestehenden Stärken sollen auch Stolpersteine wie Sprach- und Kulturbarrieren, Finanzierungsprobleme und Visa-Hürden in den Blick genommen und Lösungsempfehlungen formuliert werden. Ausgangspunkt dieses Policy Papers ist eine im Jahr 2022 durchgeführte Befragung von knapp 7.300 internationalen Studierenden aus rund 120 Ländern über Gelingensbedingungen einer Integration in Deutschland durchgeführt von der Fintiba GmbH. Die Fintiba GmbH bietet eine digitale Plattform für internationale Studierende und unterstützt diese auf dem Weg nach Deutschland, unter anderem mit Versicherungen oder der Einrichtung von Sperrkonten.

 

DIE WICHTIGSTEN ERGEBNISSE DER BEFRAGUNG

  • 370.000 internationale Studierende, hohe Verbleibsquote – Deutschland zählt zu den attraktivsten Gastländern für Studierende aus dem Ausland.
  • Um den MINT-Fachkräftemangel zu verringern, sollte dieses Potenzial besser genutzt werden – insbesondere da die MINT-Disziplinen unter ausländischen Studierenden besonders beliebt sind. 
  • Die Befragung von 7.300 internationalen Studierenden ergänzt amtliche Kennzahlen um die wertvolle Perspektive internationaler Studierender: Sprachbarrieren, bürokratische und finanzielle Hürden müssen abgebaut und die soziale und berufliche Vernetzung gefördert werden.
  • Hochschulen müssen ihre Internationalisierungsstrategie erweitern, und nicht nur die Gewinnung, sondern auch das soziale Umfeld und den Verbleib internationaler Studierender adressieren.
  • Für eine bessere Integration internationaler Studierender in den Arbeitsmarkt bedarf es mehr Anstrengungen nicht nur seitens der Hochschulen, sondern auch von Politik und Gesellschaft – hin zu mehr Vielfalt und Offenheit.
Anzahl internationaler Studierender (2018 bis 2023) (Grafik)
Quellen: DAAD/DZHW 2023

 
Die Ergebnisse der Umfrage bieten Einblicke in die individuellen Perspektiven von internationalen Studierenden in Deutschland. Sie zeigen Schlüsselfaktoren der Integration und Integrationshindernisse, die es zu bewältigen gilt. Hochschulen, Politik und Unternehmen sind hier schon an vielen Stellen aktiv. Die zentralen Handlungsfelder, die es weiter zu bearbeiten gilt, sind hierfür: 

  • Sprachbarrieren abbauen
    Hochschulen sollten ihre Bemühungen verstärken, den Erwerb der deutschen Sprache zu fördern, auch für Studierende in englischsprachigen Studiengängen. Unternehmen können mit Praktika und Betreuungsangeboten den Spracherwerb im Alltag unterstützen. Die Politik sollte Angebote zum Spracherwerb ausreichend finanzieren und verbindliche Regelungen zur Bereitstellung und Nutzung von Angeboten schaffen.
     
  • Soziale Netzwerke und Verbindungen in den Arbeitsmarkt schaffen
    Der Ausbau extracurricularer Programme an Hochschulen für internationale Studierende sowie eine aktive Vernetzung durch zum Beispiel Buddy-Programme unterstützen, um soziale Netzwerke aufzubauen. Durch Kooperationen zwischen Wirtschaft und Hochschulen, zum Beispiel durch Mentoring-Programme oder Berufsinformationsveranstaltungen, können eine berufliche Vernetzung und ein Anschluss an den deutschen Arbeitsmarkt gefördert werden.
     
  • Bürokratische Hürden überwinden
    Der Abbau von bürokratischen Hürden (zum Beispiel Visa-Regelungen), eine Kultur des Ermöglichens in den relevanten Behörden und zugängliche, barrierefreie Informationen über administrative Anforderungen schaffen Vertrauen und ein Gefühl des Willkommenseins.
     
  • Individuelle Unterstützung anbieten
    Für viele internationale Studierende ist ein Studium in Deutschland, trotz fehlender Gebühren, eine finanzielle Herausforderung. Individuelle Unterstützungsangebote, zum Beispiel in Form von Stipendien als public private partnerships, helfen, diesem Personenkreis ein Studium und damit eine spätere Beschäftigung in Deutschland zu ermöglichen.  
     

DIE AUTORINNEN UND AUTOREN DES PAPERS

Katharina Brunner
Pascal Hetze
Alexander Tiefenbacher
Stifterverband

Jonas Marggraf
Veneta Miteva-Seidel
Celine Mwaura
Fintiba GmbH

Zukunftsmission Bildung (Logo)

Dieses Policy Paper entstand im Rahmen der Allianz für MINT-Fachkräfte der Zukunftsmission Bildung. Mit der Zukunftsmission Bildung will der Stifterverband ein Bildungssystem für eine Welt im Wandel gestalten, das schnell mehr Menschen mit den notwendigen Kompetenzen aus- und weiterbildet. Dazu bringt er die relevanten Akteure aus Wirtschaft, Wissenschaft und Zivilgesellschaft in einer Gemeinschaftsinitiative zusammen und koordiniert die Aktivitäten in vier starken Allianzen für Lehrkräfte, für MINT-Fachkräfte, für Schule Plus und für Future Skills.

Denn um die großen Herausforderungen im Bildungssystem zu lösen, braucht es starke Partnerschaften – die gegenüber der Politik mit einer Stimme sprechen, die gemeinsam Rahmenbedingungen gestalten und damit langfristig eine Veränderung im Bildungssystem bewirken.

Website zur Zukunftsmission Bildung