Forschergestalten: Antje Boetius

"Für mich das besondere Element in der Forschung ist das Entdecken. Dorthin gehen, wo man gar nichts weiß, und die Grenzen des Wissens zu verschieben."

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Antje Boetius (Forschergestalten)
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"Es gibt riesige Teile der Erde, von denen wir gar nichts wissen", sagt Antje Boetius. 60 Prozent der Erdoberfläche ist von Tiefsee bedeckt. "Und wir Forscher haben noch nicht einmal 0,1 Prozent dieses Raumes erschlossen." Die Polar- und Meeresforscherin an der Universität Bremen und am Max-Planck-Institut in Bremerhaven will zum Beispiel den Klimawandel besser verstehen. "Unsere Daten, unsere Bilder von heute werden in drei Generationen das einzige Wissen sein, um zu verstehen: Wie war das Meer, als es noch nicht so warm war?"

Ein Film von Damian W. Gorczany und Stoyan Radoslavov
für den YouTube-Kanal des Stifterverbandes

Musik: Lubomir Brashnenkov
Zusätzliches Bildmaterial: MARUM, Universität Bremen

Transkript des Videos

Heute in unserem Alltag denken wir gar nicht darüber nach, dass es riesige Teile der Erde gibt, von denen wir gar nichts wissen. Es scheint uns natürlich, dass wir ans All denken, dass wir zum Mond, zum Mars schauen, um etwas Neues zu entdecken, aber in Wahrheit liegt auch noch ganz viel unergründet eben in der Tiefsee.

Ein riesiger Raum, 60 Prozent der Erde, und wir Forscher haben noch nicht einmal 0,1 Prozent dieses Raumes erschlossen. Mein Name ist Antje Boetius, ich bin Polar- und Meeresforscherin.

Meine Arbeit besteht neben Lehre, Forschungsmittel einwerben und Veröffentlichungen schreiben besonders auch daraus, dass ich auf Expeditionen gehe und dann in die Tiefsee schauen kann, um herauszufinden, welche Rolle sie spielt für den Planeten Erde.

Gerade sind wir wieder dabei, die nächste Expedition vorzubereiten. Sie geht nahe des Nordpols. Dort ist ein riesiger Seeberg. Der Seeberg liegt unter dickem Eis. Wir fahren mit dem Eisbrecher "Polarstern" dorthin und versuchen erstmals, mit Robotern bis zum Meeresboden vorzudringen und nachzuschauen, ob wir einen Hotspot des Lebens in der Arktis finden.

Das ist in der Meeresforschung so, dass wir für die Anforderungen, die wir haben, jeweils gezielt Geräte bauen. Wenig davon ist Standard. Man kann nichts davon irgendwo einfach in einem Technik-Kaufhaus kaufen. Es geht immer darum, die Technik ein bisschen weiter zu pushen, damit wir schneller lernen können.

Kein Lebensraum der Erde ändert sich schneller als die Arktis durch den Klimawandel und die Eisschmelze. Unsere Daten, unsere Bilder von heute werden in drei Generationen das einzige Wissen sein, um zu verstehen: Wie war das Meer, als es noch nicht so warm war?

Was ist mit dem Kohlenstoff-Kreislauf? Warum bleibt manchmal mehr im Tiefseeboden liegen als anderswo? Was sind eigentlich die Grenzen des Lebens? Jeder Mensch hat dieses Gefühl schon mal gehabt, schon mal gehabt, wenn man was wissen will, und auf einmal macht's: Klick! Und man hat dieses großartige Gefühl: Ich hab's kapiert! So ist das!

Für mich das besondere Element in der Forschung ist das Entdecken. Dorthin gehen, wo man gar nichts weiß, und die Grenzen des Wissens zu verschieben. Das ist für mich schon immer das Größte an der Wissenschaft gewesen.